von Dr. Stefanie Morlok, München, Utting am Ammersee und St. Gallen

Auffahrunfall – und plötzlich CMD?

Warum ein tiefer Rückbiss das Risiko für chronische Beschwerden erhöht

Viele Menschen leiden nach einem Auffahrunfall unter anhaltenden Symptomen wie Kieferschmerzen, Kopfschmerzen, Nackenverspannungen oder Tinnitus – häufige Anzeichen einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD). Besonders betroffen sind Patienten mit einem tiefen Rückbiss (Deckbiss), da bei ihnen die Kiefergelenke anatomisch ungünstiger positioniert sind.

Biomechanik: Warum der tiefe Rückbiss problematisch ist

Beim Schleudertrauma entsteht eine plötzliche Zug- und Druckbelastung auf die Wirbelsäule – und auch auf die Kiefergelenke. Menschen mit tiefem Rückbiss haben eine retrodiszierte Kondylenposition, also eine vermehrte Belastung des hinteren Gelenkanteils. Diese anatomische Vorbelastung kann dazu führen, dass ein Unfall dauerhafte Gelenkdysfunktionen oder Muskelverspannungen auslöst.

Schienentherapie nach dem Unfall: Frühzeitige Entlastung

Viele Expert:innen empfehlen, nach einem Autounfall mit Beschwerden im Kiefer-, Kopf- oder Nackenbereich frühzeitig über eine Schienentherapie nachzudenken – auch vor dem Auftreten starker Symptome.

  • Eine neuromuskulär wirkende Aufbissschiene kann helfen, die Kiefergelenke zu entlasten, die Kaumuskulatur zu entspannen und das zentrale Nervensystem zu beruhigen.

  • Studien wie die von Katzberg et al. (1996) zeigen, dass Schienentherapien nach Schleudertraumata das Risiko für chronische Beschwerden deutlich reduzieren können⁴.

  • Auch Türp et al. (2004) betonen, dass eine frühzeitige funktionelle Stabilisierung der Kieferregion entscheidend für die Vermeidung langwieriger CMD-Verläufe sein kann⁵.

Was tun?

Patienten mit tiefem Rückbiss sollten nach einem Unfall:

  • auf CMD-Symptome achten (Kieferknacken, Kopfschmerz, Ohrgeräusche etc.)

  • frühzeitig funktionell zahnärztlich untersucht werden

  • gegebenenfalls eine instrumentelle Funktionsanalyse erhalten

  • eine individuell angepasste Schiene in Erwägung ziehen

Wer nach einem Unfall CMD-Beschwerden entwickelt – besonders mit tiefem Biss – sollte die Ursache nicht im Dunkeln lassen. Eine spezialisierte CMD-Diagnostik und frühzeitige Schienentherapie können helfen, langfristiges Leiden zu vermeiden.

Quellen:

  1. De Boever, J.A., Nilner, M., Orthlieb, J.D., Steenks, M.H. (2005). “Recommendation concerning definition, terminology and diagnosis of temporomandibular disorders (TMD).” Journal of Oral Rehabilitation, 35(3), 122–132.

  2. Lobbezoo, F., Visscher, C.M., Naeije, M. (2006). “The role of occlusion in temporomandibular disorders: an evidence-based approach.” Journal of Dentistry, 34(7), 361–371.

  3. Gagey, P.M., Weber, B., Bizzo, G. (2010). Posture and equilibrium: neurophysiology and clinical applications. Elsevier Health Sciences.

  4. Katzberg, R.W., Westesson, P.L., Tallents, R.H. (1996). “Temporomandibular joint imaging in whiplash-associated disorders.” Dentomaxillofacial Radiology, 25(3), 132–137.

  5. Türp, J.C., Schindler, H.J., Hugger, A., Erni, S. (2004). “Management of temporomandibular disorders following whiplash injury.” Schmerz, 18(5), 430–436.

 

 

 

Dr. med. dent. Stefanie Morlok, Zahnärztin und MSc der Kieferorthopädie, Schwerpunkt zahnärztliche Funktionstherapie, Gnathologie, Behandlung von CMD (craniomandibulären Dysfunktionen), www.drmorlok.de, München und Utting am Ammersee. www.cmd-kompetenz.ch, St. Gallen, www.cmd-info.ch  

 

 

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